Des Kanzlers größte Rede

BERLIN. Das Bündnis für Arbeit ist endgültig gescheitert. Kanzler Gerhard Schröder will sich nun als energischer Krisenmanager profilieren, der das Problem notfalls auch alleine anpackt.

Nach zweieinhalb Stunden des Aneinander-vorbei-Redens hatte der Kanzler genug. "Es macht keinen Sinn mehr", teilte ein frustrierter Gerhard Schröder am Montag Abend seinen Gästen im Kanzleramt mit. Jetzt werde er selbst die Initiative ergreifen, und dabei sei ein "Heulen und Zähneknirschen" nicht auszuschließen. Die je vier Vertreter der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite trollten sich und ließen das vorbereitete Abendessen (Rinderfilet mit feinen Linsen) stehen. Das Bündnis für Arbeit, 1996 mit großen Hoffnungen gestartet, war endgültig gescheitert. Schon bei den Vorgesprächen zu dem Gipfeltreffen war Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier klar geworden, dass die Veranstaltung wenig Sinn machen würde. Die Sozialpartner - Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften - hatten sich bereits "in die Schützengräben" begeben. Das Gespräch am Rosenmontag, das im Aschermittwochskater enden sollte, nahm den erwarteten Verlauf: Schröder schilderte die Lage, appellierte an die Einsicht der Beteiligten und erteilte das Wort. Doch gleich ob Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, Industriepräsident Michael Rogowski, DIHK-Präsident Ludwig Braun, Handwerkspräsident Dieter Philipp, oder die Gewerkschaftschefs Michael Sommer (DGB), Klaus Zwickel (IG Metall), Frank Bsirske (Verdi) und Hubertus Schmoldt (Bergbau-Chemie-Energie): Alle blieben stur bei ihren Positionen. Die Wirtschaft wollte radikale Sozialreformen, weniger Kündigungsschutz und ein Verzicht auf das Steuervergünstigungsabbaugesetz; die Gewerkschaften forderten ein milliardenschweres Konjunkturprogramm. Nach dem gescheiterten Gespräch kamen vor den Kameras der Fernsehanstalten die üblichen Statements, die alle auf gegenseitige Schuldzuweisung hinaus liefen. Auch der Kanzler äußerte sich, obwohl er das Gespräch ursprünglich nicht kommentieren wollte: "Die Bundesregierung wird jetzt ihre Pflicht tun und handeln". Er glaube, auf einem "guten Weg zu sein um zu tun, was wirklich hilft". Seine Rezepte will er am 14. März im Bundestag verkünden, mit einer "Rede zur Lage der Nation", die bereits jetzt mit gewaltigen Erwartungen verbunden ist.Gehütet wie ein Staatsgeheimnis

Der Inhalt wird gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Glaubt man seinen Beratern, wird es "Schröders wichtigste Rede". Es wird damit gerechnet, dass Schröder Schwerpunkte bei der Reform der Sozialsystem setzt (mehr Eigenvorsorge, weniger staatliche Leistungen), die Entrümpelung des Arbeitsrechtes ankündigt (Lockerung des Kündigungsschutzes), Krediterleichterungen verspricht (um privates Geld für Wohnungsbau und Sanierung zu generieren), und den Kommunen Investitionshilfen in Aussicht stellt. Mittlerweile wird sogar nicht mehr ausgeschlossen, dass Schröder den ganz großen Coup landen könnte und doch noch das Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 wagt - wenn die Bundesländer bereit wären, zum Ausgleich die Mehrwertsteuer um zwei Punkte zu erhöhen.

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